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Begegnungszonen § Grundlagen, Einführung, Umsetzung

Der Ursprung von den sogenannten Begegnungszonen liegt tatsächlich in der Schweiz, wird aber momentan auch in vielen anderen europäischen Ländern umgesetzt. Das einfache Prinzip: Fu gänger haben Vortritt vor Motorfahrzeugen. Die vorrangigen Ziele von Begegnungszonen sind zum einen eine Steigerung der Strassenraumattraktivität, zum anderen eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. Dies kann nicht nur in Wohngebieten sein, in denen viele Kinder miteinander auf den Strassen spielen, sondern auch in Einkaufszeilen oder auf Bahnhofsvorplätzen, wo viele Menschen gleichzeitig aufeinandertreffen und verweilen.

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Gesetzliche Grundlage zu Begegnungszonen

Seit 2002 ist das Konzept der Begegnungszogen in der Schweizer Signalisationsverordnung festgelegt. Das Signal „Begegnungszone“ kennzeichnet dabei gewisse Strassen in Wohn- oder Geschäftsbereichen, auf denen Fussgänger die ganze Verkehrsfläche benützen dürfen. Zwar sind Fussgänger gegenüber den Fahrzeugen vortrittsberechtigt, dennoch dürfen diese nicht unnötig behindert werden.

Zudem wichtig: Die Höchstgeschwindigkeit, die von durch Begegnungszonen fahrende Fahrzeuge aufnehmen dürfen, beträgt lediglich 20 km/h, das Parkieren ist nur an durch Signale oder Markierungen gekennzeichneten Stellen erlaubt.

Begegnungszonen sind in der Schweiz nur auf Nebenstrassen zulässig und müssen innerhalb dieser Nebenstrassen von gleichartigem Charakter wie die Nebenstrasse sein. Zwar bestehen gemäss Strassenverkehrsgesetz sowieso Beschränkungen der Geschwindigkeit, die für alle Motorfahrzeuge auf sämtlichen Strassen gelten. Die zuständige Behörde kann jedoch aufgrund eines Gutachtens die Höchstgeschwindigkeit für bestimmte Strecken herab- oder heraufsetzen, insbesondere, wenn:

  • eine Gefahr nur schwer oder nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben ist
  • bestimmte Strassenbenützer eines  besonderen, nicht anders zu erreichenden Schutzes bedürfen
  • auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert werden kann
  • oder dadurch eine im Sinne der Umweltschutzgesetzgebung übermässige Umweltbelastung (Lärm, Schadstoffe) vermindert werden kann.

Dabei ist jedoch immer der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren – was jedoch bei geplanten Begegnungszonen oftmals der Fall ist. Denn die Überlegungen, einen solch verkehrsberuhigten Bereich zu schaffen, entstehen meist nicht durch einen Schnellschuss, sondern durch eine länger beobachtete Situation mehrerer Anwohner. Spielen viele Kinder jeden Tag viel und lange miteinander und müssen ständig zur Seite springen, wenn ein Auto kommt, spricht dies für eine gute Verhältnismässigkeit.

Wie entstehen Begegnungszonen?

Für Begegnungszonen bestehen bestimmte Einführungsbestimmungen, deren Voraussetzungen erfüllt sein müssen – die kann beispielsweise eine mittlere bis hohe Fussgängerfrequenz, eine siedlungsorientierte Strasse, ein geringer LKW-Anteil, wenige Parkmanöver tagsüber oder nur ein geringes generelles Verkehrsaufkommen (6000 bis 7000 Fahrzeuge am Tag) sein. Was jedoch sehr schön ist: Bürger und Bewohner von bestimmten Bereichen können die Einführung von offiziell gültigen Begegnungszonen allein beantragen. Für die Einrichtung einer Begegnungszone braucht es jedoch Engagement der Beteiligten und genügend breite Unterstützung, damit die Gemeinde das Anliegen aufnimmt. Das Vorgehen unterscheidet sich je nach Umfeld, in dem eine Begegnungszone eingerichtet werden soll.

Begegnungszonen in Nebenstrassen

Die Idee für eine Begegnungszone in Wohnbereichen kann von den Anwohnern oder auch von politischen Parteien gestartet werden. Für die Beantragung bei den zuständigen Behörden gilt: Je breiter der Wunsch nach einer Begegnungszone aufgestellt ist, desto grösser sind auch die Chancen auf eine Realisierung, da dadurch der Wunsch der Bevölkerung höher gewichtet wird. Zur Beantragung einer Begegnungszone kann wie folgt vorgegangen werden:

  • Der erste Weg führt zu einem Gespräch mit dem zuständigen Ansprechpartner in der Gemeindebehörde
  • Dort kann in Erfahrung gebracht werden, ob es grundsätzlich möglich ist, eine solche Zone einzuführen und welche Massnahme dafür nötig ist (das könnte ein formloser Brief, eine Petition oder ein Antrag sein)
  • Eine möglichst detaillierte Beschreibung der Strassensituation hinsichtlich von offensichtlichen Sicherheitsdefiziten, gesteigertem Lärm oder einer niedrigen Aufenthaltsqualität der Strasse, kann dabei helfen
  • Ebenso wichtig ist das Definieren von Zielen, welche mit der Einführung der Begegnungszone erreicht werden sollen. Das könnte beispielsweise entweder die Verbesserung der Schulwegsicherheit, das Senken von Unfällen aufgrund einer Geschwindigkeitssenkung oder eine Verbesserung der Spielsicherheit sein.
  • Eine Begehung vor Ort kann zudem weiterhin hilfreich sein
  • Bei einem Antrag an die Gemeindeversammlung muss die Mehrheit der Stimmberechtigten auf der Seite des Antragsstellers stehen

Ist die Gemeinde gewillt, das Anliegen ihrer Bewohner umzusetzen, wird ein Verkehrsgutachten erstellt und neue Signalisationen bestellt und Umbaumassnahmen durchgeführt. Dennoch kann es auch passieren, dass die Gemeinde eine andere Massnahme als Vorschlag zur Lösung der Situation unterbreitet. Und Antragssteller brauchen oft mindestens zwei Jahre Geduld, bis Entscheidungen getroffen werden.

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Begegnungszonen auf Geschäftsstrassen, Dorfplätzen oder Haltestellen

Soll im Gegensatz zu einem Wohnbereich eine Begegnungszone auf einer Einkaufsstrasse, dem Dorf- oder Bahnhofplatz eingerichtet werden, gibt es einen entscheidenden Nachteil für die Chancen der Beantragung: Oft sind nämlich Strassen mit einer mittleren oder starken Verkehrsbelastung betroffen und das Vorhaben hat somit verschiedenste Folgen für die gesamte Gemeinde. Entsprechend muss die Idee zur Umsetzung einer Begegnungszone nicht nur bei den direkten Bewohnern der Geschäftsstrassen eine Mehrheit finden, sondern bei der gesamten Gemeinde – besonders bei den vor der Massnahme betroffenen Geschäften und deren Kunden. Ein solches Projekt hat Einfluss auf sehr viele Personen und erreicht in der Regel auch eine hohe Medien- und Diskussionswürdigkeit.

Die Beantragung hat sonst einen ähnlichen Verlauf wie bei den Begegnungszonen in den Wohngebieten – vor allem eine breite Unterstützung erhöht die Chancen auf eine Umsetzung einer Begegnungszone öffentlichen Bereichen. Begegnungszonen in Geschäftsquartieren erfordern jedoch oft einen mehrjährigen Prozess, da meist erhebliche bauliche Massnahmen für die Umsetzung notwendig werden. Die Chance auf eine Umsetzung erhöhen sich deutlich, wenn eh die Werkleitungen erneuert werden müssen oder sowieso andere, schwierige Sanierungsarbeiten in Planung sind.

Sonderfall Spielen

Kinder spielen einfach gerne miteinander, dann vergeht die Zeit und sie sind oft mit den Gedanken ganz in ihrem Spiel vertieft. Daher macht es durchaus Sinn, ihnen einen Platz zum sorgenfreien Spielen zu schaffen, besonders, wenn viele Kinder in einer Siedlung als Nachbarn dicht zusammenwohnen. Das Spiel an sich ist laut dem Signalisationsverordnung nicht an eine bestimmte Signalisation gebunden, sondern ist wie folgt im Strassenraum erlaubt:

„Für Tätigkeiten, namentlich Spiele, die auf einer begrenzten Fläche stattfinden, darf die für die Fussgänger bestimmte Verkehrsfläche und auf verkehrsarmen Nebenstrassen (z. B. in Wohnquartieren) der gesamte Bereich der Fahrbahn benützt werden, sofern die übrigen Verkehrsteilnehmer dadurch weder behindert noch gefährdet werden.“
Dennoch ist das Argument, in bestimmten Bereichen diese Spielräume durch Begegnungszonen sicherer zu machen, viel wert.

Beispiele für Begegnungszonen

In der gesamten Schweiz gibt es viele gute Beispiele für Begegnungszonen, bei denen die Beantragung sehr schnell und sehr gut funktioniert hat. Beispielsweise ist der Zentralplatz in Biel eine Begegnungszone: Der rechteckige Platz erscheint als grosszügig, insbesondere die sanften Übergänge zwischen den Fahrbahnen, die als Begegnungszone signalisiert sind, und den Flächen, die den Fussgängern und teilweise dem Veloverkehr vorbehalten sind, wurden sehr gut umgesetzt. Und das mit Erfolg: Sechs verschiedene Geschwindigkeitsmessungen ergaben, dass rund drei Viertel der gemessenen Fahrzeuge unter 20 km/h fahren.

Wie kann ein Anwalt für Verkehrsrecht unterstützen?

Sie haben schon mehrfach mit Ihren Nachbarn versucht, eine Begegnungszone für Ihren Wohnbereich zu beantragen, dieser Antrag wurde jedoch immer wieder ohne gute Begründung abgelehnt? Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann Sie dabei unterstützen, die Notwendigkeit einer Begegnungszone festzulegen, wenn beispielsweise klare Beweise für ständiges zu schnelles Fahren oder sonstige Vergehen beobachtet werden können. Aber auch, wenn Sie schon in einer Begegnungszone wohnen oder Ihr Laden in solch einer liegt und es einige nicht belehrbare Verkehrsteilnehmer gibt, die sich nicht an die Vorschriften halten, können Sie mit einem Anwalt für Verkehrsrecht gegen diese nachhaltig vorgehen.

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FAQ: Begegnungszonen

Ja, jeder Einwohner der Schweiz darf theoretisch bei seiner zuständigen Gemeindebehörde bezüglich seiner Idee, eine Begegnungszone zu schaffen, vorstellig werden. Dennoch erhöhen sich die Chancen deutlich, wenn man mehrere Mitstreiter auf seiner Seite hat, die das Ziel unterstützen.
So schnell erst einmal nicht – wenn sich jedoch die kinderreiche Siedlung in den nächsten dreissig Jahren zu einem leblosen Bereich entwickelt, dürfte auch eine Begegnungszone keinen Bestand mehr haben.
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Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

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