Sie sind Anwalt?
War dieser Artikel
hilfreich für Sie?

Unfall beim Überholen § Regeln, Schuldfrage, Strafen

Oftmals ist es eine Entscheidung, die in einem Sekundenbruchteil getroffen wird: Das Überholen eines anderen Autos. Möchte dieses gerade links abbiegen oder kommt plötzlich Gegenverkehr, kann es schnell zu einem Unfall beim Überholen kommen. Durch die durch den Überholvorgang erhöhte Geschwindigkeit besteht oft keinerlei Chance mehr, rechtzeitig auszuweichen und eine Kollision ist kaum vermeidbar.

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Gesetzliche Grundlagen zum Unfall beim Überholen

Wichtigste gesetzliche Grundlagen für die Durchführung eines Überholvorgangs ist das Strassenverkehrsgesetz (SVG). In Artikel 35 heisst es beispielsweise, dass ein Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen nur gestattet ist, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist. Zudem muss der Lenker die Gewissheit haben, rechtzeitig und ohne Behinderungen wieder einbiegen zu können. Zudem besagt dieser Artikel, dass Fahrzeuge nicht überholt werden dürfen, wenn der Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen – somit soll ein Unfall beim Überholen eines Linksabbiegers vermieden werden.

Ein Unfall beim Überholen lässt sich also vermeiden, wenn der Linksabbieger seine Fahrtrichtungsänderung frühzeitig anzeigt. Denn auch er muss beim Abbiegen auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht nehmen (Artikel 34 SVG).

Regeln beim Überholen

Damit ein Überholvorgang sicher vonstattengehen kann, sind sowohl für den Lenker, der überholen will, als auch für den, der überholt wird, wichtige Regeln zu beachten. Für denjenigen, der überholen will, gilt folgendes:

  • auf die übrigen Strassenbenützer, besonders auf jene, die überholt werden sollen, ist besonders Rücksicht nehmen
  • Überholen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird
  • Es darf in unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen nicht überholt werden
  • Auf Strassenverzweigungen darf nur überholt werden, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird
  • Weiterhin dürfen Fahrzeuge nicht überholt werden, wenn deren Lenker die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen oder vor einem Fussgängerstreifen anhält, weil dort Fussgänger die Strasse überqueren möchten

Weiterhin hat jedoch auch der Lenker Pflichten, der überholt wird, nämlich die folgenden:

  • Dem überholenden Fahrzeug ist die Strasse freizugeben
  • Es darf nicht beschleunigt werden
  • Dem überholenden Fahrzeug muss ein Wiedereinscheren ermöglicht werden

Diese Regeln sollen dabei helfen, einen Überholvorgang so sicher wie möglich zu gestalten, dass im besten Fall ein Autounfall beim Überholen vollständig vermieden wird.

Vorgehensweise bei einem Unfall beim Überholen

Kommt es nun doch zu einem Unfall beim Überholen, ist dieser Verkehrsunfall wie jeder andere Verkehrsunfall auch zu behandeln. Man sollte vor allem versuchen trotz der schwierigen Situation Ruhe zu bewahren. Folgende Schritte sollte man als Beteiligter oder Zeuge eines Unfalls beachten:

  • Absicherung der Unfallstelle: Zunächst sollten Sie anhalten um den restlichen Verkehr nicht zu behindern. Tragen Sie Ihre Leuchtweste und stellen Sie Ihr Pannendreieck auf.
  • Polizei verständigen: Ein Unfall sollte immer der Polizei gemeldet werden, vor allem wenn es Verletzte gibt.
  • Rettung rufen: Bei Personenschäden muss unbedingt die Rettung alarmiert werden
  • Erste Hilfe leisten: Man sollte bereits bevor der Rettungsdienst kommt die Verletzten aus der Gefahrenzone bringen und erste Hilfe leisten. Dies kann nicht nur Leben retten, sondern ist auch gesetzlich verpflichtend. Für unterlassene Hilfeleistung ist man haftbar.

Besonders in solch einer heiklen Situation mit hoher Geschwindigkeit können Unfälle noch schlimmer ausfallen. Auch wenn Sie sich unsicher wegen der Schuldfrage sind, lassen Sie den Unfall auf jeden Fall polizeilich aufnehmen.

Klärung der Schuldfrage

Besonders auf Strassen ausserorts zählt fehlerhaftes Überholen zu den Hauptunfallursachen. Kommt es zu einem Unfall beim Überholen, steht zuallererst die Klärung der Schuldfrage im Raum. Denn anders als beim Auffahrunfall kann man nicht pauschal behaupten, dass derjenige Lenker generell die Schuld zugesprochen bekommt, der mit seinem Fahrzeug überholt hat. Wie bei anderen Unfällen auch steht hier die Klärung des individuellen Unfallhergangs an. Kann nachgewiesen werden, dass der Lenker, der den Vordermann überholen wollte, den für den Überholvorgang zur Verfügung stehenden Raum unterschätzt hat und den anderen Lenker beim Einscheren schneidet, wird dem überholenden Lenker wohl die Schuld zugesprochen.

Aber auch der zu überholende Lenker kann während des Überholvorgangs erhebliche Fehler machen, die ihm eine Teilschuld oder sogar die volle Schuld übertragen. Beschleunigt er beispielsweise ebenfalls während des Überholvorgangs, weil er sich genötigt fühlt, nimmt er keine Rücksicht auf das andere Fahrzeug und wird zumindest mit einer Teilschuld am Unfall beim Überholen belegt. Somit gilt bei der Schuldfrage: Wer überholt, muss über ausreichend Sicht und Platz verfügen. Aber auch dem sich überholenden, schneller fahrenden Fahrzeug muss der zu überholende Lenker die Strasse zum Überholen „freigeben“. Wer überholt wird, darf währenddessen die Geschwindigkeit nicht erhöhen. Ansonsten könnten hier wichtige Verkehrsregeln verletzt sein.

Sie benötigen einen Anwalt?
Finden Sie in unserem Anwaltsverzeichnis Ihren passenden Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Ihrer Nähe.

Mögliche Strafen für den Unfall beim Überholen

Je nachdem, wem die Schuld am Unfall beim Überholen zugesprochen wird, der muss mitunter mit erheblichen Konsequenzen rechnen. Beispielsweise hat das Strassenverkehrsgesetz definiert, dass jemand, der durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Personenschaden, zum Beispiel mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren bestraft wird. Darunter fällt auch ein „waghalsiges Überholen“, welches zum Unfall beim Überholen führte. Zudem kann der Führerausweis entzogen werden – die Entzugsdauer richtet sich danach, wie schwer die Widerhandlung im Strassenverkehr einzuschätzen ist. Liegt beispielsweise der Tatvorwurf „Waghalsiges Überholen“ vor, ist dies eine schwere Widerhandlung, der Führerausweis ist bei einem Unfall beim Überholen bis zu zwei Jahre entzogen.

Unfall beim Überholen eines Linksabbiegers

Besonders oft kommt ein Unfall beim Überholen eines Linksabbiegers vor. Für die Schuldfrage ist hierbei entscheidend, ob der abbiegende Lenker rechtzeitig oder gar nicht geblinkt hat oder ob der überholende Lenker unaufmerksam war. Ist der Unfall beim Überholen eines Linksabbiegers dadurch entstanden, dass der abbiegende Lenker nicht geblinkt hat, trifft ihn die volle Schuld, da er nicht ausreichend Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr genommen hat.

So kann ein Anwalt für Verkehrsrecht beim Thema Unfall beim Überholen unterstützen

Sie wurden in einen Unfall beim Überholen verwickelt oder waren aktiv beteiligt? Wenn Sie überholt haben und sich sicher sind, dass sich der zu überholende Lenker nicht fair verhalten hat, weil er beispielsweise Gas gegeben hat, sollten Sie unbedingt einen Anwalt zu Rate ziehen. Wenn die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt werden konnte, kann ein rechtlicher Beistand helfen, diese eindeutig zu klären. Aber auch wenn Sie der Geschädigte nach einem Unfall beim Überholen sind, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, um Ihre Ansprüche gegenüber dem Unfallverursacher durchzusetzen. Vielleicht ist es nicht bei einem reinen Sachschaden geblieben und Sie wurden sogar verletzt? Dann ist es ratsam, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu Rate zu ziehen!

Fragen zum Thema Unfall beim Überholen?
Unsere Anwälte für Verkehrsrecht informieren Sie ausführlich zu allen Themen rund um den Unfall beim Überholen und beantworten alle Ihre Fragen.

FAQ: Unfall beim Überholen

Nicht immer hat bei einem Auffahrunfall derjenige Schuld, der auffährt. Wenn ein Fahrzeug beispielsweise auf der Überholspur auf ein anderes auffährt, welches gerade einen Spurwechsel vorgenommen hat, um zu überholen, kann eine Teil- oder Ganzschuld zugesprochen werden. Denn: Wer überholt, muss darauf achten, niemanden zu gefährden.
Wenn in einer Kolonne gefahren wird, gilt: Bei mehreren auf ein langsames Fahrzeug aufschliessenden Fahrzeugen hat grundsätzlich das erste, unmittelbar hinter dem langsamen Verkehrsteilnehmer fahrende Fahrzeug, den Vorrang, auch als erstes Fahrzeug überholen zu dürfen.
Eine unklare Verkehrslage beschreibt den Umstand, dass der Überholende in der konkreten Verkehrssituation nicht mit einem ungefährlichen Durchführen seines Überholvorgangs rechnen darf. Dies kann unter anderem aufgrund schlechter Strassen- oder Witterungsverhältnisse sein oder aber bei nicht klar erkennbarem Fehlverhalten anderer.
Picture of Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion
Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

Unsere Autoren erarbeitet jeden Artikel nach strengen Qualitätsrichtlinien hinsichtlich Inhalt, Verständlichkeit und Aufbereitung der Informationen. Auf diese Art und Weise ist es uns möglich, Ihnen umfassende Informationen zu unterschiedlichsten Themen zu bieten, die jedoch keine juristische Beratung ersetzen können.

Weitere interessante Beiträge zum Thema:
Facebook
Twitter
Pinterest
LinkedIn
WhatsApp
Email
anwaltssuche

Anwalt benötigt?

Passende Anwälte für Verkehrsrecht in unserer Anwaltssuche finden
anwaltssuche
Anwalt benötigt?
Passende Anwälte für Verkehrsrecht in unserer Anwaltssuche finden